Geschichte
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Der Landschaftspark Hoppenrade
„Die Perle der Prignitz"
Der ca. 22 Hektar große Landschaftspark in Hoppenrade ist aufgrund seiner hervorragenden gestalterischen Konzeption und seines wertvollen Gehölzbestandes wohl die bedeutendste Parkanlage der Prignitz. 1803 mit dem Übergang des Gutes in das Eigentum der Familie Freyer (Johann Wilhelm Freyer 1774 – 1845) wurde der bereits seit 1750 bestehende kleine Haus- und Küchengarten in einen kleinen Park umgestaltet. Diese Parkanlage soll etwa drei bis vier Hektar groß gewesen sein und umfasste das Gelände zwischen Eichenallee, Eiskeller und Gutshof. Die Arbeiten erfolgten unter der Leitung der Kunst- und Ziergärtner Johann Leonhard Erlenbusch und Johann Friedrich Paul. Aufgrund ihrer dendrologischen und gartengestalterischen Interessen nahm die Familie Freyer, (später v. Freier) Kontakt auf zu den Königlichen Gärten von Potsdam und von Berlin. Für die Planung konnte 1847 Eduard Neide gewonnen werden. Er zählt zu den bedeutendsten Gartenkünstlern des 19. Jahrhunderts und hat viele Jahre mit dem Potsdamer Hofgartendirektor Lenne zusammengearbeitet. Auf dessen Vorschlag hin wurde Neide 1862 Direktor des Berliner Tiergartens. Als er die Parkanlage für Hoppenrade entwarf, (seine 1847 entworfene Karte des Parks ging nach dem Krieg 1945 verloren) war er 29 Jahre alt und königlicher Gartengeselle im Berliner Tiergarten. Beeinflußt von den Ideen von Peter Joseph Lenne, bemühte er sich um die Erfassung und das Verständnis der lokalen Verhältnisse, um damit eine innere Harmonie zwischen Bauwerk, Gartenanlage und Landschaft zu erreichen.
Die landschaftliche Prägung der Gemeinde Hoppenrade wird vor allem vom Cederbach bestimmt, der die Gemeinde von Nordost nach Südwest durchfließt und gleichzeitig ein Bindeglied zwischen den beiden Ortschaften Hoppenrade und Garz darstellt. Der Cederbach wird von Feuchtwiesen, Erlenbruchbeständen und anderen ökologisch wertvollen Bereichen begleitet. Ein weiteres Gestaltungselement stellten die künstlichen Teiche, „Schwanenteich" und „Karpfenteich" dar.
Als besondere Charakteristik des Parkes ist die Einheit und Harmonie von Gutshof, Park und Landschaft zu nennen. Der Park mit seinen Gehölzgruppen, Alleen und Gewässern lebt vor allem von seinen Sichtbeziehungen. Er wird nach Norden durch einen mit Stieleichen bestandenen Fahrweg nach Krampfer, im Osten durch Ackerflächen begrenzt. Im Westen geht der Park ohne markante Grenzlinie allmählich in den durch Wiesen, kleine Gehölzstücke und Ackerflächen gegliederten Landschaftsraum des Cederbachtals über. Ein in südwestlicher Richtung in ca. 1,1 km Entfernung vom Gutshaus liegender Aussichtshügel und eine Silberahornallee am Weg nach Viesecke bilden die am weitesten vom Gutshaus entfernten, nach gartenkünstlerischen Aspekten angelegten Gestaltungselemente im Landschaftsraum. Im Osten umschließt der Park den Gutshof und endet jenseits der Straße nach Kletzke mit einem Stauteich („Schwanenteich"). Dieser ist durch gezielt gepflanzte Gehölzgruppen (u.a. Sumpfzypressen, Eichen, Ulmen) an seinem buchtenreichen Ufer betont landschaftlich gestaltet.
Unmittelbar westlich des Gutshauses erstreckt sich der pleasure ground mit bedeutenden Solitärbäumen (Stieleiche, Rotbuche, Rosskastanie, Wacholder, Japanische Lärche, Lebensbäume, Hemlocktannen u.a.) auch Strauchgruppen (Stechpalme, Haselnuß, Schneebeeren u.a.. Südwestlich des Gutshauses bildet ein durch einen Stau vom Cederbach getrennter Teich („Karpfenteich") einen gestalterischen Höhepunkt in der Parkkomposition. Inmitten einer an seinem Nordufer gelegenen großen Gehölzgruppe befindet sich in einem künstlerischen Hügel ein Eiskeller mit einem Eingang auf der Nordseite, der bis etwa 1935 in Gebrauch blieb. Im Westen wird der pleasure ground durch einen Graben abgegrenzt, in dem ein aus optischen Gesichtspunkten versenkter Zaun das Vieh auf den angrenzenden Koppeln fernhielt. Daran anschließend erstreckt sich ein weitläufiger Wiesenraum („Eichenkoppel"), der durch einzelne Bäume (Eichen) und z.T. eigenwillig gestaltete Gehölzgruppen (ovale Fichtenpflanzung mit je einer Blutbuche an den Scheitelpunkten) gegliedert ist.
Die Südseite des Parks ist durch dichteren, waldartigen Gehölzbestand (Eichen, Douglasien, Heinbuchen u.a.) geprägt. Hier sind ein Turmhügel und ein Hügelgrab durch die wegemäßige Erschließung bzw. die Bepflanzung mit einer solitären Linde auf der Kuppe in die Parkgestaltung integriert. Die Linde auf dem „Lindenberg" wurde vom 1. Besitzer von Hoppenrade, Dr. med. Johann Paul Freyer, gepflanzt! Sie hat heute, im Jahr 2003, einen Stammumfang von 7,6 Meter! Die Frage nach der Entstehung des „Burgbergs" ist noch nicht gänzlich beantwortet; sie wird vielleicht nur durch eine archäologische Grabung befriedigend aufgeklärt werden können. Am sogenannten Burgwall soll einst das Vorwerk „Ceterbau" gelegen haben, das angeblich im 30-jährigen Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Auf dem Weg zum Lindenberg befand sich der Krockettplatz. Krockett war ein sehr beliebtes Spiel, an dem sich auch Sommergäste beteiligten... Später kam Boccia hinzu und dann, etwa 1902/3 ein Tennisplatz, der in der zweiten Koppel angelegt wurde, denn der Park durfte nicht damit „verschandelt" werden!! (so Am. v. Freier in ihren „Erinnerungen").
Als ein Grundzug Neides Gestaltens wird in den Entwürfen das Bestreben deutlich, die Haus- und Hofsituation mit den Wirtschaftsanlagen klar zu gliedern und zu ordnen und diese geschickt durch Deckpflanzungen von der eigentlichen Parkanlage zu trennen und dem Anblick zu entziehen. Die unmittelbare Umgebung des Hauptgebäudes gestaltete er differenzierter und gärtnerisch reich.
Nach Fertigstellung der Wasserleitung wurde auf dem Rasen hinter dem Haus ein Springbrunnen angelegt. Die nackte hässliche Metallröhre wurde in einem Aufbau von Steinen verborgen, die später mit Farn, Wasserlilien und Moosen bepflanzt wurden. Unweit des Springbrunnens finden wir heute noch die „Kletterbuche" mit einem Stammumfang von 7 Metern, ein wahres Naturdenkmal. Zahlreiche Sichtbeziehungen führen vom Gutshaus, dem villenartigen Wohnhaus an der südlichen Parkgrenze und weiteren Aussichtspunkten (Hügeln, Bankplätzen, Brücken) in den Park sowie den angrenzenden Landschaftsraum. Ein vom Gutshaus ausgehendes, in weiten Schwüngen geführtes Wegenetz erschließt den Park und ist durch Terrain und Pflanzung motiviert. Die Wege sind in Fahrwege und schmalere Spazierwege differenziert. Bewusst wurde der schwach mäandrierende Verlauf des Cederbaches in die Parkgestaltung einbezogen. Das Befahren der Parkwege war nur leichten Wagen und den kleineren Eselshufen gestattet. Blumenarrangements werden nicht verwendet, um einen ruhigen, einheitlichen Eindruck zu waren. Bei der Beschreibung der Pflanzenauswahl wird eine gewisse Vorliebe Neides für dunkel gehaltene Pflanzungen im Hintergrund deutlich; dort wurden gern Tanne, Thuja und Taxus verwendet. Diesen ruhigen, besinnlich wirkenden Gartenräumen wurden als Kontrast Durchsichten zu Gewässern gegenüber gestellt, gerahmt von zierlichen Sträuchern und hochstämmigem Rotdorn. Um auch im Winter ein landschaftliches Bild zu erhalten, wurden hohe Alleebäume mit immergrünen Bepflanzungen wie Taxus, Ilex, Juniperus kombiniert. ... Vom Herrenhaus ergaben sich weite Einblicke in die durch zahlreiche Gehölzgruppen und die Eichenallee kulissenartig gegliederte Landschaft. Die aus der vorherigen Gestaltung stammenden Teichanlagen wurden landschaftlich überformt und die frühgeschichtlichen Anlagen wie Turmhügel und Hügelgrab als besondere Ausdruckselemente einbezogen. Die Wegführung im Park war sparsam und erschloß verschiedene Landschaftsräume. Es wurden kleine sonnige Wiesenräume, schattige Waldwege und malerische Teichufer den großen Raumbezügen gegenübergestellt. Im pleasure ground und am Eiskeller wurden zahlreiche Nadelgehölze in Verbindung mit Blütensträuchern gepflanzt.
Die Gestaltung von Teichen und Wasserläufen ist bei Neide stets mit der Auflösung strenger Formen verbunden. Die Teichflächen werden erweitert und wirken durch Landzungen, Buchten und Inseln optisch größer.
Über den Cederbach führten vier schlichte Holzbrücken, deren malerische Geländer aus Eichenknüppel vom Stellmacher Krugmann nach Angaben von Günther v. Freier gefertigt waren. Ein Silberahorn markierte die dritte und wichtigste Bachbrücke, sie wurde deshalb Ahornbrücke genannt. Am „Karpfen"- und „Schwanenteich" sowie in der Nähe der letzten Brücke standen Trauerweiden. Auf dem „Schwanenteich" befand sich eine kleine Insel mit einem hölzernen Nisthäuschen in chinesischem Stil.
Im Südosten wurde ein Forsthaus errichtet, dieses Fachwerkgebäude wirkte im Sinne eines Staffagebaus und übernahm gleichzeitig die Funktion eines Parkeingangs. Eine fortschrittliche technische Lösung der damaligen Zeit dokumentiert das Maschinenhaus am „Schwanenteich", das mit einer Wassermühle und einem Pumpenwerk ausgestattet war und die Anlage eines Springbrunnens im pleasure ground ermöglichte.
In einer zeitgenössischen Beschreibung wird der südöstlich des Hauses gelegene, geschlossene Gartenbereich als eine Kombination von Nutz- und Ziergarten beschrieben: ‚Ein Stück Land zwischen den Mistbeeten und dem großen Hauptweg zum Gemüsegarten war von einer hohen Hecke umgeben. Die Rosen waren auf verschieden geformte große und kleine Beete verteilt, die mit Buchsbaum eingefasst waren, dazwischen verliefen schmale Kieswege. In einer Ecke befand sich eine große, von wildem Wein überzogene Laube mit einer Bank, einem Tisch und zwei Stühlen.’ Das an der Ecke des anschließenden Wirtschaftsgebäudes erbaute kleine Kalthaus, auch Palmenhaus genannt, diente zum Überwintern der Pomeranzenbäume, Palmen und Oleander, die im Sommer die Parkfront des Hauses und die Auffahrt schmückten. Im Zusammenhang mit dem Neubau des Wehrs am Schwanenteich erfolgte 1871 die Pflanzung der Sumpfzypressen, da die ursprünglichen Zedern am Ufer eingegangen waren. Im gesamten Kreis Pritzwalk existieren nur 9 Exemplare, davon 8 in Hoppenrade. Zwischen 1855 und 1897 war A. Käsebier in Hoppenrade tätig. Er erwarb sich Verdienste um Park und Gärtnerei, insbesondere durch die Pflanzung fremdländischer Nadelgehölze. ( Wir verfügen über eine Übersicht der 1985/86 im Hoppenrader Park vorkommenden bzw. der in dieser Zeit noch nachweisbaren Gehölze).
Die Jahrzehnte nach der Planung des Parkes waren vor allem durch Pflege und Erhaltungsarbeiten gekennzeichnet, die durch verschiedene verantwortliche Gärtnermeister angeleitet und durchgeführt wurden. Unter dem Gärtnermeister Köhn fand von 1919 bis 1921 eine weitere Umgestaltung und Erweiterung des Parks statt, die von Hertha v. Freier, der Witwe des im Jahr 1921 verstorbenen Königlich preussischen Kammerherrn Günther v. Freier, geleitet wurde. Um 1920 wurde am Südrand des Parks die ‚Villa’ gebaut. Dieses ursprünglich als Altenteil gedachte Gebäude konnte durch geschickte Einordnung, Bepflanzung der Umgebung und mittels Sichtbeziehungen in die Parkszenerie eingebunden werden. Dazu gehörte auch das an den Park angrenzende ehemalige Mahonienfeld. Im Messtischblatt von 1944 sind diese Erweiterungen zu erkennen. Die praktischen Arbeiten führte von 1921 bis 1945 Gärtnermeister Richard Jordan aus. Er bediente auch die kleine Wetterstation wenig westlich der Villa. Hoppenrade war anerkannte Aussenstation für das Wetteramt Berlin. Täglich wurden Temperatur, Niederschlag und Sonneneinstrahlung gemessen und registriert. Der Vogelschutz spielte eine entsprechende Rolle sowohl im Park als auch in der Forst.
Nach dem II. Weltkrieg führte die geänderte Nutzung nach der Bodenreform zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des gesamten Park-Ensembles. ... In den siebziger Jahren ging der Originalplan des Parks von Neide zusammen mit dem Nachlaß des letzten Gärtners, R. Jordan, verloren. Von den bis 1945 bestehenden 5 Baumalleen haben die Kastanien entlang der Dorfstraße in Hoppenrade und die Eichen am heutigen Rambower Weg überlebt. Erhalten blieb auch der Begräbnisplatz der Familie v. Freier unter dem weißen Marmorkreuz auf dem Friedhof am Ende des Dorfes, erhalten durch den persönlichen Einsatz alter Dorfbewohner, die sich in ihrer Verbundenheit zur Familie v. Freier nicht beirren ließen und sich einer befohlenen Zerstörung entgegenstellten.
Seit 1985 steht der (... wegen der zwischenzeitlichen, bis dahin fast vierzigjährigen weitestgehenden Sichselbstüberlassung dadurch ... [Anmerkung 2014 R. Haetzer ]) mutwillig und aus Dummheit ruinierte und verwahrloste Park Hoppenrade unter Denkmalschutz, weil er gartenkünstlerische Bedeutung besitzt. In Neides Planung wurden hervorragend die natürlichen und künstlerischen Gegebenheiten (Cederbach, weites Wiesental, Burgwall, Hügelgrab, alte Eichen und Douglasien und die aus der ersten Entstehungsphase stammenden Teiche) integriert. Durch die Einbeziehung der gartenkünstlerisch aufgeschmückten Feld- und Wiesenflur erhält der Park eine große Weite und einen starken Landschaftsbezug. Bemerkenswert ist der fließende Übergang in den Landschaftsraum. Der Park war, wie man aus den wenigen erhaltenen Fotos erahnen kann, ein Schmuckstück in der Prignitz. Immer wieder wurden Kunstmaler davon angezogen, die wochenlang Gäste des Hauses waren. Das Landesamt für Denkmalpflege in Potsdam und das Institut für Geologie und Analytik in Neustadt/Dosse haben mit größtem Engagement und erheblichen Mitteln die Bestandsaufnahme und die Wiederherstellung dieses größten Privatparks der Prignitz unternommen.
Seit 1995 engagiert sich für die Belange des Landschaftsparks der Förderverein „Verein zur Förderung und Erhaltung des denkmalgeschützten Landschaftsparks Hoppenrade e.V." und bemüht sich, den 22 ha großen Park nach vorhandenen Dokumentationen und Fotos aus dem Archiv Am. v. Freier zu restaurieren.
(Diese ausserordentlich schwierigen Anstrengungen dauern seitdem bis heute an und wir wünschen uns für die Zukunft bessere Unterstützung und Wahrnehmung des kulturellen Wertes dieses Parks von der regionalen Politik und Verwaltung. [Anmerkung 2014 R. Haetzer])
Quelle: Anja Brückner in „Brandenburger Denkmalpflege", Jahrgang 5, Heft 2, 1996; AM v. Freier „Erinnerungen" (Familienmanuskript); Uwe Habermann an G. v. Freier; und andere.
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